„Caritas Christi urget nos“- Die Liebe Christi treibt uns an

 

Dies ist der Leitsatz des christlichen Ordens der Alexianer. Übersetzt heißt er: „Die Liebe Christi treibt uns an“ (wörtl. ‚drängt uns’).

Der Orden der Alexianer ist mir besonders nahe, da er sich auf die Fahne geschrieben hat, sich weniger dem Liturgischen oder Kontemplativen, sondern – seit seinen Anfängen im 13. Jh. – zunächst  den Pestopfern, später den physisch und insbesondere psychisch Kranken, aber auch Obdachlosen, Drogenabhängigen und anderen Menschen, die durch unser wundervolles soziales Netz gefallen sind, und nicht zuletzt auch der Seelsorge zu widmen, und das mit ganzer Kraft und ganzem Herzen.

Ich finde, dieser Wahlspruch könnte hierfür nicht besser gewählt sein. Und da er mich auf eine merkwürdige Weise tief berührt, möchte ich ihm an dieser Stelle einmal einige Zeilen widmen. Nicht zuletzt aber auch, weil ich ihn für einen Leitspruch halte, der doch irgendwie auf uns alle zutrifft, die wir – auf die eine oder andere Weise – dem spirituellen Pfad folgen, gleich welchen Namen wir ihm geben.

1] Die Liebe Christi treibt uns an

Die buddhistische Lehre kennt die so genannten „erhabenen Verweilzustände“, die da sind: Metta (Liebende-Güte), Karuna (Mitgefühl), Mudita (Mitfreude), Upekkha (Gleichmut). Das Besondere ist, das Metta zwar eigenständig aufgeführt wird, jedoch die anderen drei durchdringt und selbst von ihnen durchdrungen ist. Damit ist Metta der zentrale und umfassende Begriff. In der christlich-abendländischen Tradition ist dem Begriff Metta der Begriff agape (ἀγάπη) oder caritas zuzuordnen, der höchsten, der göttlichen Liebe, bar aller menschlichen Sehnsüchte. Es ist die barmherzige Liebe, die eine „Extroversion“ hin zu den Mitwesen in sich birgt; insoweit laden ἀγάπη, caritas sowie Metta zum Handeln ein, einem Handeln zum Wohle der Mitwesen.

Das besondere Merkmal dieser Liebe ist, dass sie sich zwar zum Wohle unsere Mitwesen äußert, jedoch an sich „objektlos“ ist. Es ist nicht in erster Linie die Liebe zu dem jeweiligen Menschen, den sie erreicht, die uns liebevoll handeln lässt, sondern vielmehr die Liebe an sich – die kein Objekt hat. Wie kann man sich diese objektlose Liebe vorstellen? Folgende Überlegung mag uns da etwas weiterhelfen:

Was immer im Kosmos geschieht, im Kleinsten oder Größten, es geschieht aus einem inneren Gesamtzusammenhang heraus, dessen Gesetzmäßigkeiten (Naturgesetze) sich uns möglicherweise nie bis ins Letzte erschließen werden. Das Verstehen derer ist auch bedeutungslos; viel wichtiger ist es, ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass alles, was geschieht, in sich stimmig ist. Ob es sich nun für uns (individuell oder kollektiv) gut anfühlt oder nicht, ist eine hiervon gänzlich unabhängige Frage – sie hat nichts damit zu tun, ob der Vorgang in sich stimmig ist. Nun wissen wir aus der Musik, dass, wenn ein Instrument „gestimmt“ ist, also in sich stimmig ist, von Harmonie gesprochen wird. Ist es aber nicht ein Empfinden vollständiger Harmonie, das wir „Liebe“ nennen? Liebe, (kosmische) Harmonie und (kosmische) Insichstimmigkeit meinen das Gleiche. Diese Liebe aber, wenn sie von uns empfunden wird, hängt an nichts; sie dockt an nichts an, es ist lediglich ein Sichöffnen für das was ist, im Frieden des Wissens, dass alles seine Richtigkeit hat und nicht anders sein kann.

2] Die Liebe Christi treibt uns an

Was ist Grundlage des Empfindens einer solchen Liebe, einer Liebe die „ohne Berechnung und zugleich ihr Lohn“ (Bernhard v, Clairveuax) ist? Ich frage ganz bewusst nach der Grundlage des Empfindens dieser Liebe, nicht nach der ihres Entstehens! Denn diese Liebe entsteht nicht, sie ist da, seit ewigen Zeiten und dem Anfang aller Anfänge; denn diese Liebe ist die Grundlage des gesamten kosmischen Schöpfungsprozesses.

Und was ist nun die Grundlage des Empfindens von metta /caritas/agape? Jenes Sichöffnen, von dem ich eben sprach; man könnte auch sagen: Liebevolle Annahme all dessen, was im gegenwärtigen Moment geschieht – in uns und um uns herum. Wie gelangt man aber zu dieser liebevollen Annahme? Durch Erkenntnis! Durch das sehen und verstehen der Wahren Natur aller geschaffenen, materiellen, begreifbaren Dinge. Und was wiederum ist diese Wahre Natur? „Leerheit“, „Substanzlosigkeit“, „SEIN jenseits jeder Begrifflichkeit und Deutung, jeder Dualität und Bewertung“, „So-SEIN“. Dies ist die Erkenntnis, die bis in den letzten Winkel die finsteren Räume der Unwissenheit erhellt; es ist die Perspektive der Erleuchteten wie z.B. des Buddha.

Aber was hat das mit Christus zu tun? So merke auf 🙂 : Nicht heißt es im Leitspruch der Alexianer „Die Liebe Jesu“ sondern „Die Liebe Christi“! Nicht ist hier die Rede von dem Menschen Jesus von Nazareth, sondern von Christus – ebenso wie nicht von der Lehre Siddharta Gautamas die Rede ist, sondern von der Lehre Buddhas. „Christos“ ist „der Gesalbte“, also jemand, der „gesegnet ist mit höchster Erkenntnis“; „Buddha“ heißt „der Erwachte“, also jemand, der „gesegnet ist mit höchster Erkenntnis“. Ich vermag keinen Unterschied zu erkennen zwischen einem „Christos“ und einem „Buddha“. Es ist also die Liebe, so wie sie der Erleuchtete / Erwachte durch seine Erkenntnis allen Wesen gegenüber empfindet, eben jene objektlose Liebe, die uns antreibt.

3] Die Liebe Christi treibt uns an

„Das besondere Merkmal dieser Liebe ist, dass sie sich zwar zum Wohle unsere Mitwesen äußert, jedoch an sich „objektlos“ ist. Es ist nicht in erster Linie die Liebe zu dem Menschen, die uns liebevoll handeln lässt, sondern die Liebe an sich – die kein Objekt hat“ – so haben wir gesagt. Wer eine solche Liebe auch nur im Ansatz empfindet, verspürt den inneren Drang sie zu teilen, weil mit ihr eine Freude einhergeht, die mit keiner weltlich-vergänglichen Freude vergleichbar ist. Es ist diese Freude, die es einem „Menschen solcher Liebe“ unmöglich macht, Unrecht zu tun oder andere Wesen physisch oder psychisch zu verletzen oder zu töten.

Hat Dich je zu Tränen gerührt, jemandem etwas Gutes getan zu haben? Einfach nur aus dem Gefühl heraus, etwas Gutes getan zu haben, ohne, dass Du selber nur im Geringsten davon einen Vorteil gehabt hättest? Hat Dich einfach nur die Freude tief berührt, die der Andere empfand, so dass sie zu Deiner Freude wurde? Dann hast Du wirkliche Liebe empfunden, gefühlten Einklang mit der kosmischen Harmonie. Es gibt kein schöneres Geschenk, als dieses Empfinden. Das ist der Lohn, der „nur empfangen werden kann, wenn sie (die Liebe) ohne Berechnung ist“ (Bernhard von Clairveaux). Gegen dieses Gefühl verblasst alles, was es gibt. Es ist unsere Verbindung zum „Kosmischen“, zum „All-Eins“, zum „Göttlichen“ – es ist „wudschud“ (arabisch: Das Einfließen in Gott), es ist „unio mystica“ (die mystische Vereinigung mit Gott), es ist … ein Moment der Erleuchtung.

Diese „caritas Christi“ tragen wir immerzu in unseren Herzen, denn sie ist ein Teil von uns, so wie wir Teil des Ganzen sind. Und somit können wir sie auch nicht in uns ‚hervorbringen’, wir können sie nur ent-decken.

Möge uns dies zum Wohle aller Wesen gelingen!

„Quod esset demonstrandum“ – Der Beweis des Letztendlichen

Ich lese auf Meikes Blog immer und immer wieder den Artikel „Vielleicht …“ ; ich finde ihn wundervoll und wollte immer wieder einen Kommentar zu ihm schreiben. Aber ich entschloss mich, ihn stehen zu lassen, wie er ist, da er eigentlich alles beinhaltet – seine Aussage ist abschließend. Und doch möchte ich mich dem Thema an dieser Stelle kurz widmen, weil ich es sehr interessant finde. Meike schreibt:

Wir sind Unwissende und werden es vielleicht auch für immer bleiben, zumindest wenn man es aus einem gewissen, ein wenig rational geprägten Blickwinkel betrachtet. Doch dieser ist für mich nicht mehr vorrangig. Ich brauche keine (wissenschaftlichen) Beweise. Ich bewege mich darüber hinaus, weil ich die Beweise in mir selbst finden kann. Und die reichen mir vollkommen. Selbst wenn sie sich “nur” auf das Fühlen gründen.“

Was ist eigentlich ein Beweis?

Die aristotelische Lehre der Logik vom Syllogismus legt zugrunde, dass ein Beweis aus drei Teilen besteht, dem Obersatz, dem Untersatz und dem Schluss. Das bekannteste Beispiel mag sein:

 Alle Menschen sind sterblich

Alle Griechen sind Menschen.

Also sind alle Griechen sterblich.

 Logik kommt von λόγος („logos“), das bedeutet „Das Wort“. Das Wort, die Sprache überhaupt sind jedoch immer unzulänglich, Dinge in ihrer letztendlichen Natur zu beschreiben. Warum? Weil sie „abgeleitete Konzepte“ sind. Was meine ich damit? Worte geben wieder, was unser Intellekt erfasst, verarbeitet, analysiert, interpretiert hat. Das, was wir von unserer Umwelt wahrnehmen ist also nur ein „Abbild“ unserer Unwelt, etwas, womit wir gewissermaßen umgehen, ihrer ‚intellektuell habhaft’ werden können. Was wir da zu erfassen meinen, hat jedoch mit der letztendlichen Wirklichkeit (dem „Absoluten“) nicht viel zu tun. Wenn aber unsere Wahrnehmung schon nicht das erfasst, was tatsächlich da ist, wie sollen es dann unsere Worte, die ja erst aus der intellektuellen Verarbeitung stammen und ihrerseits lediglich „Konsensgebilde“ sind. „Der Begriff ist niemals das Ding selber“, sagt Krishnamurti. Aber nicht einmal das Konzept, die Vorstellung dessen, was wir beschreiben, entspricht dem Ding selbst. Das macht zunächst jeden Beweis per se hinfällig. Jeden? Nein, nicht ganz, denn in dieser Welt, in der Welt des intellektuell Begreifbaren und des Benennbaren, der relativen Welt, sind Beweise (oftmals) ebenso nützlich wie die Worte selber und die Konzepte, die durch die Worte ausgedrückt werden – ohne sie könnten wir so, wie die Menschheit heute gestrickt ist, gar nicht existieren.

Aber hier ist von etwas ganz anderem die Rede, nämlich von jener höheren Warte, dem „Letztendlichen“, dem „Göttlichen“, dem „Absoluten“. Diese Ebene spottet jeder Begrifflichkeit und somit auch jeden Versuchs eines Beweises. Und es tut auch keines Beweises Not – denn wofür brauchen wir Beweise? Um mit Hilfe des Intellekts zu überzeugen. Wen zu überzeugen? Diejenigen, die anderer Ansicht sind als wir. Damit liegen sich zwei Konzepte feindlich gegenüber, die eben durch ihre Eigenschaft als Konzepte bereits selbst jeweils unsinnig sind. Oder, wir wollen uns selbst überzeugen. Dafür bedarf es aber ebenfalls keines Beweises, weil, wie Meike so schön schreibt, diese Überzeugung „sich auf ein Gefühl gründet“; ich würde es eher „Erfahrungswissen jenseits der Worte“ nennen, meine aber dasselbe. Also brauche ich auch hierfür keine Beweise.

Ist denn jeder intellektuelle Zugang zu spirituellen Dingen völlig überflüssig? Ich denke nicht, denn sogar Buddha selbst lehrte „diskursiv“ und versuchte, den Menschen seine Lehre zunächst über den Verstand zugänglich zu machen. Wir Menschen bedürfen dieser „Initialzündung“, und ich glaube, der intellektuelle Zugang zur Spiritualität ist sogar sehr hilfreich. Denn wir bemühen uns ja, unseren Geist, unsere Gedanken, unsere Analyse zur Ruhe zu bringen. Das gelingt etwas leichter, wenn man dem Verstand etwas zu Fressen vorwirft – dann ist er satt und befriedigt und denkt nicht mehr so viel, und „wir“ haben unsere Ruhe (das klingt jetzt nur s, als würde ich den Verstand von uns abtrennen – er gehört natürlich zum „wir“ dazu!).

Zudem kennt jeder (!), der sich auf dem WEG befindet, die Zweifel, die immer wieder an einem nagen, das Ego, das sich gegen das Erwachen aufbäumt, als hinge sein Leben davon ab (naja, irgendwo ist es ja auch so … aber dazu an anderer Stelle). Durch Dinge, die uns intellektuell zugänglich sind, können wir das Gefühl des Erfahrungswissens wieder fühlbar machen, welches sonst durch zweifelnde Gedanken abgewürgt wird. Daher kann es ebenso hilfreich sein, sich mal wieder mit der „Schwingungstheorie“ auseinander zu setzen, wie einfach mal wieder leichte Kost wie E. Tolle zu lesen … so zu sagen als Erinnerung[1] an das, was man eigentlich schon weiß und das in sich stimmig ist. Nur sollte man die Insichstimmigkeit dessen nicht mit „Beweis“ verwechseln! Es gab und gibt Theorien in der Welt, deren Herleitung durchaus in sich stimmig ist, gleichwohl aber unsinnig und zudem ethisch und moralisch hochgradig verwerflich.

Verlassen wir uns einfach auf die gefühlte Insichstimmigkeit, eine, die wir selbst erfahren haben (und nicht aus Büchern). Wir müssen uns nicht, wie im Zen-Buddhismus üblich, gänzlich dem Intellekt verschließen; damit wären wir auch nicht sehr liebevoll und sanft mit uns selbst, zudem „buddhistischer als der Buddha“. Wenn wir uns im Klaren darüber sind, dass ein „spiritueller Beweis“ immer nur subjektiv als solcher erfahrbar und nicht mitteilbar ist, sind wir auf der sicheren Seite.

Vergessen wir nicht:


[1] Das arabische Wort „dikhr“ für Gebet heißt übrigens eigentlich „Erinnerung“

Vergeben und Vergessen, Teil II

Vergeben und Vergessen, Teil II – „Wie kann man nur so ätzend sein …“

(Oder: praktiziertes Mitgefühl)

„Nur Liebe, nur Liebe – wie haben sonst kein Werk“

(Dschelalleddin Rumi, islam. Mystiker)

 Vor einiger Zeit berichtete eine Freundin über einen ganz alltäglich anmutenden Vorfall auf dem Wochenmarkt in Münster: Eine ziemlich mürrische Frau an einem Brotstand, die erst ihrer kleinen Tochter verbot, den süßen Hund eines anderen Kunden zu streicheln („die haben Flöhe!“) und dann die Verkäuferin anherrschte, gefälligst das Brot mit Handschuhen anzufassen, das sei doch ohnehin Hygienevorschrift. Und als sie merkte, dass man ihr Verhalten ringsum „wohl auch noch witzig“ fand, habe sie zu  ihrer Tochte gesagt: „Hier kaufen wir nicht noch mal“.

Es gibt wirklich viele Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung, die „richtig ätzend“ sind, die nur herumnörgeln, die Welt morgens schon einmal auf Verdacht verfluchen und sich und anderen mit ihrer destruktiven Art das Leben unaufhörlich schwer machen. Wie geht man mit ihnen um? Wie gehen WIR als Menschen des „WEGES“, des spirituellen Pfades mit ihnen um? Ich antwortete seinerzeit:

„Eine der wohl größten Herausforderungen, denen ein “Spiritueller” gegenübersteht, ist wohl, leidenden Wesen wie dieser Frau Mitgefühl und METTA (Liebende-Güte) entgegen zu bringen; aber wenn es uns gelingt, fühlt es sich wahrlich schön an, und dieses schöne Gefühl ist wiederum die Nahrung der Liebenden-Güte, die wir dann wieder in die Welt geben können. Ein wundervoller Kreis.“

Mir wurden daraufhin viele Fragen gestellt, wichtige Fragen, wie ich finde, und ich möchte ihnen daher ein wenig Platz widmen:

„Es ist eine Sache in den eigen vier Wänden (oder in einer Höhle im Himalaja) zu meditieren und von universalem Mitgefühl durchströmt zu werden und eine ganz andere, damit in der Welt zu sein“. –

Methodische Meditation (ich spreche hier stets von anapanasati-vipâssana-bhâvana und metta-vipâssana-bhâvana Meditation) eröffnet uns den Weg, ein tiefes Verständnis in das Wahre-Wesen der „zehntausend Dinge“ zu erlangen. Bereits auf noch nicht sehr tiefen Meditationsstufen (jhâna) empfindet man mitunter ein Gefühl großer Freude und Glückseligkeit. Das besondere an dieser Freude ist, dass sie nicht objektbezogen ist – es ist eine Freude um ihrer selbst Willen, die einfach so entsteht, ohne an etwas gebunden zu sein. Es ist diese Freude (einige nennen es das „lichte Wesen in uns“), die uns stets begleitet; sie kann nicht schwinden, denn sie ist unser ganz natürlicher Zustand, der Zustand des gefühlten Einklanges mit dem Tao. Nun können wir trainieren, das Empfinden dieses Gefühl zu … kultivieren. Da es stets da ist, können wir es jederzeit in uns wach rufen / heller scheinen lassen. Das ist das Prinzip der buddhistischen Metta-Meditation: Wir holen in uns jenes Gefühl der objektlosen Freude hervor – und zwar möglichst während unserer gesamten Wachzeit. Auf diese Weise holen wir es in den Alltag hinein. Als erstes gilt es also einmal, uns selber in einen freudvollen Zustand zu versetzen, getreu dem Motto „Liebe Deinen Nächsten WIE DICH SELBST“ – die Kraft den Nächsten zu lieben holen wir uns aus der Liebe und Freude, die wir uns selber schenken. Dann, und das ist der zweite Schritt, kann man dem Nächsten – wie z.B. dieser Frau auf dem Markt – Liebende-Güte senden.

„Was bedeutet es, Mitgefühl zu empfinden? Ist eine Art “höherer” Auftrag damit verbunden? oder ist der Wunsch, es auszudrücken, ein persönlicher, möglicherweise entstehend durch den Wunsch, sich besser/weiter/höher zu fühlen?“ –

Wenn uns jemand wie diese Frau begegnet haben wir unterschiedliche Möglichkeiten zu handeln: Wir können ihr Leid erkennen und Mitleid empfinden. Dann aber tendieren wir tatsächlich dazu, eine Art Arroganz aufkeimen zu lassen – das ist nicht heilsam (und meist ist es dann auch kein echtes Mitleid). Noch weniger heilsam ist es aber, überhaupt und wirklich mit-zu-leiden. Wie es Euch geht, weiß ich nicht, aber ich möchte nicht leiden, und schon gar nicht unter dem Leid eines Anderen. Buddha Gautama lehrte den Weg der Beendigung von Leid; wenn ich leide, habe ich keine Kraft, anderen Menschen Liebende-Güte zu schenken. Ich mache das Leid des Anderen zu meinem Leid, und das führt zu nichts, denn geteiltes Leid ist nicht halbes Leid! Und wenn ich den Ärger, die Wut, den Hass des Anderen persönlich nehme und ihn so, zu meinem Hass mache, dann werfe ich ihn der anderen Person zurück und entgegen, und beschimpfe sie vielleicht und es entwickelt sich eine Situation, in der keiner mehr dem anderen zuhört. In einem solchen Fall – leider wohl dem häufigsten Fall – herrscht Krieg, als Folge meiner Re-aktion auf eine Handlung. Ich re-agiere, ich agiere nicht. Ich kann aber auch einfach agieren, und diesem Menschen Mitgefühl entgegenbringen. Was aber ist nun Mitgefühl? Mitgefühl bedeutet

– das Leid des Anderen zu sehen und der Person ZU ERLAUBEN SEINEN SCHMERZ ODER IHR LEID ZU HABEN,

– dem Leid seinen Raum zuzugestehen, ohne dagegen Widerstand zu leisten – und

– DIESE PERSON DESSEN UNGEACHTET ZU LIEBEN

Was immer diese Frau in diesem Moment sagte oder tat, es war nicht wichtig! Es ging ihr nur darum, Recht zu haben oder Hass zu schüren oder was immer … wirklich etwas zu sagen hatte sie nicht. Statt ihr also zuzuhören, warum nicht jenes freudige Gefühl von Liebender-Güte in unserer Brust entstehen lassen und sie ihr senden. Baue einfach eine imaginäre Brücke von Deinem Herzen zu ihrem Herzen, und lasse Liebe, Wärme und Güte zu dieser Person fließen. Der Erfolg dessen ist zumindest, dass in Dir ein Gefühl von Frieden entsteht, und dieses hilft dabei, die Spannung, die in Dir entstanden ist, loszulassen und sehr im Jetzt-Hier zu sein – friedlich und voller Ruhe.

„Und darüber hinaus?  Wäre überhaupt irgendein authentischer Ausdruck von Mitgefühl bei ihr angekommen?“

Die Praxis Liebender-Güte zielt in erster Linie darauf ab, dass der Praktizierende ein Gefühl von Freude, von Harmonie, von Frieden in sich empfindet – so oft und so lang wie möglich. Das hat dem Buddhismus den Ruf einer egoistischen Religion eingebracht. Aber: „If you want to affect the world around you positively, then BE POSITIVE” (Bhante Vimalaramsi). Wir haben keine andere Möglichkeit, als unseren Mitmenschen Mitgefühl und Liebende-Güte entgegen zu bringen – man kann niemanden zu seinem Glück zwingen, indem man ihm die rechte Sichtweise aufzwängt. Betrachten wir es also nicht als ein „immerhin ist mir selbst  damit geholfen“, sondern als ein „hey, ich erschaffe mir selbst die Basis, Liebe zu schenken, indem ich das Fundament der Liebenden Güte in mir selbst frei lege“ – ist das nichts? 😉

Zum zweiten kommt es bei der anderen Person auf jeden Fall an, denn durch Deine Praxis Liebender-Güte (wie durch jede spirituelle Praxis) hebst Du das global – nein, universal das „Schwingungsniveau“. „Wenn auch nur ein Mönch in irgendeiner Höhle Zazen praktiziert“, sagte mal ein Zen-Meister, „praktiziert die ganze Welt Zazen“. Schenke Liebe und Güte, und die ganze Welt schenkt Liebe und Güte – denn wir sind nicht getrennt voneinander … Aber noch etwas: Auch wenn es etwas esoterisch klingen mag: Wenn wir einmal unterstellen, dass alles Schwingung ist, alles das Eine Sein, alles der Eine Geist, und vor diesem Hintergrund einmal betrachten, dass, wie tausendfach berichtet worden ist, Mütter den Tod ihrer Söhne an der Front sekundengenau daheim erlebt haben, dann fällt mir kein Grund ein, warum nicht, je feinstofflicher wir durch unsere spirituelle Praxis werden, wir eine Verbindung herstellen können, einen „Kanal“ zu anderen fühlenden Wesen, durch den wir Liebende Güte gleichermaßen hindurch senden können. Der Andere kann das spüren – das berichten viele Praktizierende der Metta-Meditation (ich selbst hab es im Ansatz auch erlebt). Und warum soll man durch Verwünschung Negatives jemandem senden können, aber nicht Positives durch das Aussenden von Metta? Für mich absolut stimmig.

„Mir scheint, Mitgefühl allein anhand des Ausdrucks erkennen zu wollen, ist nicht möglich…und es situationsabhängig und auf meine authentische Weise zum Ausdruck zu bringen, wenn ich das Bedürfnis habe, es zu tun, ist das, was sich für mich richtig anfühlt – gibt es eine Möglichkeit, es als gelungen oder nicht gelungen zu beurteilen? anhand welcher Kriterien? kann es universal gültige Mitgefühlausdrucksregeln geben?“ –

Spielt das nach all dem Gesagten noch eine Rolle? Was hält uns davon ab, während unserer gesamten Wachzeit (oder jedenfalls, wenn wir uns nicht grad auf unsere Arbeit konzentrieren müssen … aber vielleicht selbst dann) uns selber und anderen fühlenden Wesen Liebende-Güte zu schenken? Ich spreche von Großzügigkeit und Freigiebigkeit (dâna), im Übrigen etwas, was der Buddha Gautama immer und immer wieder lehrte! Wir haben unfassbar viel Liebe in uns – geben wir sie weg an die fühlenden Wesen, die sie grad brauchen, weil ihre eigene Freude der Liebe durch Gedanken überschattet ist. Das Geben Liebender-Güte kann uns selbst wiederum mit großer Freude erfüllen, und das hat eine erstaunliche Konsequenz: Ein freudiger Geist ist ein leichter, offener und unverkrampfter Geist, im Gegensatz zu einem Geist, der konzentriert ist oder Widerstand leistet gegen die Wahrheit des jetzigen Momentes. Widerstand ist Verkrampfung! Also lösen wir einfach unsere Verkrampfungen, dadurch lassen wir unseren Widerstand los, das „negative Begehren“ löst sich auf, und es tritt ein Gefühl großer Infriedenheit ein – kein Gedanke mehr, keine Spannung … nichts … nur Ruhe, Frieden. Und dieser weitoffene und friedvolle Geist ist der Geist, der gut meditiert! Unsere Meditationen werden tiefer und „besser“, je weicher und freudvoller unser Geist ist, und das bedeutet wiederum große Fortschritte in der spirituellen Praxis, und hieraus entsteht Freude, und diese nährt unsere Liebende-Güte, und diese weiter zu geben erfüllt uns mit Freude, und Freude macht den Geist ruhig und klar (wer Freude empfindet ist sehr im Jetzt-Hier), und ein ruhiger klarer Geist meditiert gut – das ist die Wirkung von Metta-Meditation.

Ich denke, gehirnakrobatische Verrenkungen wie „kann es universal gültige Mitgefühlausdrucksregeln geben?“ führen vergleichsweise nicht weit.

MAHA-METTA wünscht und sendet Euch

Michael

„Vergeben und Vergessen“ – Teil 1

„Vergeben und vergessen“ – die Magie des Hier und Jetzt

„Willst Du dem Pfad der Heiligen folgen,

so lerne zuerst Vergebung.“

(Sufi-Meister Hazrat Inayat Khan)

 Wohl kaum jemand von uns wird ernsthaft behaupten können, es gäbe niemanden in seiner persönlichen Geschichte, der ihm je körperlichen oder seelischen Schmerz zugefügt hätte. In aller Regel heilen kleine Wunden schnell – man verzeiht dem anderen, weil er eingesehen hat, dass er etwas getan oder gesagt hat, was er nicht hätte tun oder sagen sollen; oder man klärt die Situation in einem Gespräch.

Wie aber kommt es dazu, dass immer einmal wieder auch ein bitterer Nachgeschmack bleibt, bis hin zu einem „Das kann und werde ich Dir niemals verzeihen!“

Eine grundlegende Handlungsmotivation eines jeden Lebewesens ist der Drang nach Art- und Selbsterhaltung. Vor allem der Selbsterhaltungstrieb setzt ein Streben nach Schutz und Sicherheit frei, und eine Fähigkeit, die diesem Streben zur Seite steht, ist die Fähigkeit zu lernen. Diese ausgesprochen nützliche Fähigkeit hat jedoch, wie so vieles, auch seine Kehrseite: Die meisten Lernprozesse, durch die wir gehen, passieren unbewusst, das bedeutet, ich habe keinerlei Einfluss darauf, ob und was ich aus einer Situation lerne. Wir unterliegen alle zunächst einmal dem gleichen Prinzip wie der „Pawlow’sche Hund“. Wenn ich mit dem Finger auf die heiße Herdplatte fasse, dann tut das weh, also lasse ich das besser.

Vom Grundprinzip her ebenso funktionieren wir auf Ebene der Erfahrung, die wir mit anderen Menschen machen. Wenn eine Herdplatte rot glüht, dann klingeln bei uns die Alarmglocken, und ähnliches kann passieren, wenn wir einen bestimmten Menschen sehen – wir wittern Bedrohung und Gefahr. Das ist ein uraltes Muster der Menschheitsgeschichte und, wie so vieles, was die Evolution sich „ausgedacht“ hat, für sich genommen sehr sinnvoll, denn es vermag uns vor Schmerz oder Schlimmerem zu bewahren.

Nun ist das, was da eben (natürlich sehr knapp) beschrieben wurde, recht instinktiv und betrifft Menschen wir Tiere zunächst einmal gleichermaßen. Worin liegt nun die Besonderheit beim Menschen? Die Besonderheit liegt im Begriff „Leid“.

Leid ist die dem Prinzip von Zeit unterstellte psychologische Komponente von Schmerz.

Anders ausgedrückt: Leid ist nicht Schmerz, sondern das, was wir aus dem Schmerz machen. So ist Leid jedes Zurückholen von vergangenem Schmerz in den gegenwärtigen Moment, jedes Hineinholen von künftigem Schmerz in den gegenwärtigen Moment. Und hier liegt das Problem: Einem Menschen nicht verzeihen können bedeutet immer, im gegenwärtigen Moment unter einem Schmerz zu leiden, den der andere mir zwar angetan hat, der aber längst vorbei ist. Solange ich in dieser Erinnerung lebe und dem anderen dessen Verhalten nachtrage (man lasse den Begriff einmal auf sich wirken), leide ich weiter unter dieser Vergangenheit, unter dieser Erinnerung, unter etwas, was nicht existiert. Und: Ich verknüpfe dieses schmerzhafte Erlebnis mit diesem Menschen. Damit verweigere ich mich der Einsicht, dass alle Dinge grundsätzlich im Wandel sind, sich verändern. Jemandem verzeihen heißt also hier auch soviel wie: Darauf vertrauen, dass er mir einen Schmerz nicht noch einmal zufügt. Hier ist auch wieder die zeitliche Komponente sichtbar. Verzeihen wir nicht, dann holen wir einen (möglicherweise) eintretenden Schmerz aus der Zukunft in die Gegenwart, aus Angst vor künftigem Schmerz.

Wenn ich völlig im gegenwärtigen Moment bin, in welchem weder Schmerz noch Bedrohung noch Gefahr unmittelbar vorliegt, dann „lasse ich die Luft“ aus meinen schmerzhaften Erinnerungen. Ebenso, wie ich auf die Herdplatte nicht böse bin, weil ich mich an ihr verbrannt habe, werde ich auf den anderen Menschen nicht mehr böse sein, an dem ich mich verbrannt habe. Das bedeutet nicht, dass ich nicht vor beidem auf der Hut sein soll, aber ich nehme den emotionalen Aspekt heraus, indem ich diesen einfach loslasse, ihn nicht persönlich nehme, das Geschehene nicht zu einem Teil von mir werden lasse, sondern es betrachte als das, was es war: Schmerz. Und der ist nun vorbei.

Wenn ich mich auf diese Art dem jetzigen Moment hingebe, bleibt kein Raum für Wut und Hass. Ein solches erhabenes (= aus einer höheren Warte aus betrachtendes) Bewusstsein nimmt jede Restspannung aus jedem vergangenen Konflikt. Und der Zustand von mentaler Ent-spanntheit ist der Zustand von Frieden. „Dem Pfad der Heiligen folgen“ heißt auch FRIEDEN finden.

Zusammengefasst und mit etwas anderen Worten liegt Vergebung unmittelbar in der Hingabe an den jetzigen, den gegenwärtigen Moment. Vergebung ist notwendige Konsequenz des Verweilens im Jetzt-Hier. Und Meditation hilft uns dabei, immer wieder einmal „aufpoppende“ alte Hass- und Wutgefühle, mentale Spannungen und Verkrampfungen, loszulassen. In den Dhammapada, heiligen Schriften des Buddhismus, heißt es:

„Beraubt bin ich, besiegt, geschlagen und geschändet“,
Solange man so denkt, wird Hass niemals beendet.
„Beraubt bin ich, besiegt, geschlagen und geschändet“,
Wenn man so nicht mehr denkt, dann ist der Hass beendet.
Hass wird durch Hass niemals überwunden und gestillt;

Hass wird nur durch Liebe überwunden‘ – ein ewiges Gesetz, ein Satz, der immer gilt.“

 Nun, bislang ging es ja darum, wie es sich verhält, wenn jemand mir etwas angetan hat. Was aber, wenn jemand mir etwas nicht angetan hat. Die Rede ist von Enttäuschungen.

Im Grunde bedarf dieses Thema keiner gesonderten Betrachtung. Das Prinzip lautet gleichermaßen: Jemand hat mir einen (meist mentalen) Schmerz zugefügt, ich projiziere diesen Schmerz auf die Person des anderen, hasse ihn dafür und lasse den Schmerz in meiner Erinnerung fortbestehen, indem ich den Schmerz „persönlich nehme“, ihn zu einem Teil von mir werden lasse. Ich leide und rechne dem anderen dieses Leid zu.

Eine Besonderheit gibt es aber dennoch: Im Vordergrund steht hier eine Erwartungshaltung, die jemand anders nicht bedient hat. Derjenige, der die Messlatte und auch das Richtbeil in der Hand hat, bin also ICH. Das bedeutet: Wenn jemand meinen Erwartungen nicht entspricht, dann kratzt das noch weitaus mehr an meinem „Ehrgefühl“, an meiner „Persönlichkeit“. Das Persönlichnehmen steht also sehr im Vordergrund. „ICH will, dass die Dinge so laufen, wie ICH sie erwarte. Und da das nicht der Fall ist und ich auch nicht die Kontrolle über andere Menschen ausüben kann, bin ich jetzt wütend, traurig, verzweifelt, enttäuscht“.

Was aber legitimiert uns, die Messlatte anzulegen, den Stab über den anderen zu brechen und auf ewig zu stigmatisieren? Sicherlich kann der andere gar nicht aus seiner Haut, er hat vielleicht aber sogar sein Bestes gegeben, unsere Erwartung zu erfüllen, und vielleicht leidet der Andere sogar selbst darunter, dass es ihm nicht gelungen ist. Wer fragt danach? Was gibt uns das Recht zu unterstellen, dass dem nicht so ist? Es sind unsere alten Ego-Strukturen, die auf bereits erwähnte Art- und Selbsterhaltung gerichtet sind, sich aber allzu oft an einer Stelle manifestieren, wo sie nicht hingehören.

Buddha lehrt das Prinzip des nicht persönlich Nehmens. Dinge passieren. Und Dinge passieren immer, weil die Umstände vorlagen, die zu ihrem Eintreten geführt haben – als Kausalkette, die in die Anfänge des Seins zurückreicht (wo immer die auch liegen mögen). Der Stand der Kausalkette ist immer JETZT, und wenn ich mich dem Jetzt vollständig hingebe, verliert der Ich-Dünkel seine Kraft. In der Hingabe an das Jetzt-Hier liegt Friede, liegt Harmonie, die In-sich-Stimmigkeit des Kosmos; in diesem Zustand bewusst SEINS ist auch niemand mehr da, der Erwartungshaltungen aufbaut, weil jetzt-hier alles ist, wie es ist – der gegenwärtige Moment ist immer vollständig, nichts ist zuviel, nichts zu wenig. Selbstverständlich wäre es schön, wenn dieser zur Beerdigung des Verwandten kommen würde, oder jener mir sein Auto für meinen Großeinkauf leihen würde, oder noch ein anderer mir bei der Fahrradreparatur helfen würde – tut die Person es nicht, dann ist der gegenwärtige Moment, die Situation, in der ich mich jetzt-hier befinde, immer die Wahrheit des jetzigen Moments. Und im nächsten Moment ist das bereits wieder Geschichte. Damit sind wir wieder bei der Magie des Hier und Jetzt.

Ich spreche hier im Grunde von einem Perspektivwechsel, von: „Dieser Mensch ist doof, weil er mir sein Auto nicht leiht“ hin zu: „Ich habe jetzt kein Auto zur Verfügung, und das ist ok, denn es ist die Wahrheit des jetzigen Momentes!“ Nehmen wir die Handlung des Anderen persönlich, dann entsteht Enttäuschung, und zwar als ein Gefühl der Trauer und vielleicht der Wut. Nun ist nicht jeder dazu imstande, die alten Strukturen zu durchbrechen und Dinge „einfach“ nicht persönlich zu nehmen. Nun, und wenn? Auch Trauer und Wut sind dann die Wahrheit des jetzigen Momentes, also macht es auch keinen Sinn, sich gegen diese zu wehren. Nimmt man sie an, dann verschwinden sie, die Spannung und Verkrampfung löst sich in uns, und in dem Moment tritt Verzeihung ein.

Das alles bedeutet nicht, dass es keine Korrektive für „soziales Fehlverhalten“ geben soll! Wir leben nicht in einer Welt von Erleuchteten, und solange das nicht der Fall ist, ist es auch erforderlich, die Gesellschaft gewissermaßen im Zaum zu halten, um zu verhindern, dass der eine dem anderen den Schädel einschlägt. Daher steht das spirituelle Bewusstsein des Vergebens den Vorschriften des Strafgesetzbuches nicht entgegen. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist“ – Ich kann gleichzeitig den Fahrraddieb anzeigen, damit er nicht dem Schaden zufügt, der darunter leidet (also jemandem, der nicht so einfach loslassen kann); und ich kann ihm gleichzeitig verzeihen und ihm liebevolle Gedanken senden (da ich vielleicht gelernt habe, loszulassen).

Vergebung ist kein aktiver Prozess; ich kann mich nicht dazu zwingen, jemandem zu verzeihen. Aber ich kann Frieden schließen mit mir selbst und hierdurch die Spannung und Verkrampfung aufheben, die aus der Diskrepanz zwischen Ist- und Sollzustand entsteht.

 Oh Friedensstifter! Bevor du versuchst,

rings in der Welt Frieden zu stiften,

schaffe erst Frieden in Dir selbst.

(Sufi-Meister Hazrat Inayat Khan)

Ein magischer Kreis

Sag, wie kann ich ein glückliches und zufriedenes Leben führen?

Indem Du einen liebevoll lächelnden Geist kultivierst.

Wie kann ich einen liebevoll lächelnden Geist kultivieren?

Indem Du damit aufhörst, die Dinge anders haben zu wollen, als sie jetzt-hier sind.

Wie kann ich damit aufhören, die Dinge anders haben zu wollen, als sie jetzt-hier sind?

Indem Du aufhörst, in der Vergangenheit, der Zukunft oder im Konjunktiv der Gegenwart zu leben.

Wie kann ich damit aufhören, in der Vergangenheit, der Zukunft oder im Konjunktiv der Gegenwart zu leben?

Indem Du Dich ganz dem gegenwärtigen Moment öffnest, mit all seinen Erscheinungen.

Und wie öffne ich mich dem gegenwärtigen Moment, mit all seinen Erscheinungen?

Indem Du alles um Dich herum und Dich selbst jederzeit bewusst wahrnimmst – weile nach Innen, und weile nach Außen, schärfe Deine Bewusstheit.

Wie weile nach ich nach Innen und nach Außen? Wie schärfe ich meine Bewusstheit?

Indem Du stets weißt, wohin Deine Aufmerksamkeit sich wendet – das nennt man Achtsamkeit.

Und wie entwickele ich Achtsamkeit?

Indem Du damit aufhörst,  darüber nachzudenken und so viele Fragen zu stellen.

 

Aber wie soll ich denn damit aufhören, darüber nachzudenken und so viele Fragen zu stelln?

Indem Du Achtsamkeit entwickelst.

Und wie entwickele ich Achtsamkeit?

Indem Du stets weißt, wohin Deine Aufmerksamkeit sich wendet.

Und wie lerne ich, stets zu wissen, wohin meine Aufmerksamkeit sich wendet?

Indem Du alles um Dich herum und Dich selbst jederzeit bewusst wahrnimmst – weile nach Innen, und weile nach Außen, schärfe Deine Bewusstheit.

Und wie lerne ich, alles um mich herum und mich selbst jederzeit bewusst wahrzunehmen – zu weilen nach Innen, und nach Außen, meine Bewusstheit zu schärfen?

Indem Du Dich ganz dem gegenwärtigen Moment öffnest, mit all seinen Erscheinungen.

Aber wie gelingt es mir, mich ganz dem gegenwärtigen Moment zu öffnen, mit all seinen Erscheinungen?

Indem Du aufhörst, in der Vergangenheit, der Zukunft oder im Konjunktiv der Gegenwart zu leben.

Wie kann ich damit aufhören, in der Vergangenheit, der Zukunft oder im Konjunktiv der Gegenwart zu leben?

Indem Du damit aufhörst, die Dinge anders haben zu wollen, als sie jetzt-hier sind

Aber wie kann ich damit aufhören, die Dinge anders haben zu wollen, als sie jetzt-hier sind?

Indem Du einen liebevoll lächelnden Geist kultivierst.

 

Aber merkst Du nicht? Wir drehen uns im Kreis! Wo soll ich anfangen?

Wo beginnt ein Kreis?

Es ist nicht wichtig, wo Du anfängst. Wichtig ist nur, dass Du anfängst. Und zwar

jetzt

Über die „Schmerzkörpertheorie“ von E. Tolle

Der Name des spirituellen Lehrers E. Tolle ist heute den meisten Menschen, die sich auf dem WEG befinden, ein Begriff. Teils hoch gelobt, teils heftig kritisiert, ist es vor allem seine „Schmerzkörpertheorie“, die lange für Diskussionen gesorgt hat und von Einigen als bahnbrechend erachtet wird. In den meisten Fällen aber stellte ich fest, dass diese Theorie mehr Unklarheit als Klarheit gebracht hat – viele haben sie einfach nicht wirklich verstanden. Ich möchte mich diesem Thema hier einmal widmen um darzustellen, ob eine Theorie wie die „Schmerzkörpertheorie“ wirklich Not tut.

In meinen Kursen und auch hier im Blog gehe ich immer wieder auf das Thema „Bedingtes Entstehen“ ein, welches Buddha lehrte. Etwas (reichlich) verkürzt möchte ich es auch hier noch einmal darstellen, da es für dieses Thema von Bedeutung ist. Es ist es so, dass durch unsere Sinnentüren (Ohr, Nase, u.s.w.) etwas auf uns einwirkt; das ist sozusagen unsere Kontaktaufnahme mit der Außenwelt. Und dann können zweierlei Dinge passieren: Entweder entsteht aus diesem Kontakt unmittelbar ein behagliches Gefühl, oder ein unbehagliches Gefühl – insbesondere im Solarplexus (abgesehen von den Dingen, die unser Gehirn schon „vor-selektiert“ [wir nehmen ja nicht alles bewusst wahr, was uns begegnet]; dann entsteht „neutrales Gefühl“); das nennt man dann Reflex-Reaktion. In den meisten Fällen aber durchläuft unsere Kontaktaufnahme noch zusätzlich unser Bewusstsein – es entsteht ein Gedanke – das nennt man dann Assoziation. Das kann aber auch ohne Reiz von Außen passieren – man erinnert sich vielleicht an etwas. In jedem Fall aber entsteht eben ein Gefühl im Solarplexus. Dieses Gefühl nehmen wir wahr. Und nun geschieht etwas Wichtiges: Wenn es ein unangenehmes Gefühl ist, wehren wir uns dagegen – das ist „Widerstand gegen den jetzigen Moment“ – – – „Du kannst dich nicht gegen das sträuben, was ist. Du kannst es zwar, aber dann leidest du“ (Tolle). Und wie entsteht dieses Leid? Indem wir beginnen, dieses unangenehme Gefühl zu denken. Wir lassen es eben nicht los, indem wir ihm erlauben da zu sein, und ihm dabei zusehen, wie es von allein geht. Wir verstricken uns in Gedanken darüber, DASS das Gefühl unangenehm ist, WARUM es entstanden ist, WIE LANGE es andauert, DASS das wieder einmal genau dann kommt, wenn wir es nicht gebrauchen können, DASS wir es nicht haben wollen, WIE grausam die Welt ist („Das Leben ist kein Ponyhof …*g“). Und hier entsteht – wieder einmal – meine oft erwähnte „Spirale des Todes“; diese „gedanklichen Ausuferungen“ (so Buddha), bewirken nämlich ihrerseits wiederum ein unangenehmes Gefühl, und so verstärkt sich der Schmerz in uns. Jeder Schmerz wird immer dann stärker, wenn wir ihn denken!  Und so entsteht nach und nach eine immer größer werdende Spannung in uns, solange, bis keine Kraft mehr da ist; die mentale Verfassung, die mit der so entstehenden Kraftlosigkeit einhergeht, nennt man … Depression.

Diese Gefühle und die Spannung, die da entstehen, haben wir übrigens dem Stresshormon Adrenalin zu verdanken – es steht in direktem Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem und bereitet unseren Körper auf „Angriff, Flucht oder Verteidigung“ vor. Bleibt – eben durch diese „mentale Ausuferung“ – der Adrenalinspiegel anhaltend hoch, fühlt es sich an, als wäre da ein schmerzender „Körper in unserem Körper“; das nennt Tolle den „Schmerzkörper“.

Dieses Konzept „Schmerzkörper“ ist hernach also völlig überflüssig, wenn man das uralte Prinzip des Bedingten Entstehens, das Buddha vor 2500 Jahren lehrte, verstanden hat. Etwas „Bahnbrechendes“ ist dort nicht zu erkennen. Und es birgt sogar eine Gefahr: Wir sind stets sehr geneigt, aus einem Konzept, einer gedanklichen Vorstellung von etwas, das wir auf uns beziehen, ein „Das ist ein Teil meines Selbst / Das gehört zu mir / Das bin ICH “ machen. Wenn wir uns aber auf diese Weise mit dem „Schmerzkörper“ identifizieren, haben wir noch größere Schwierigkeiten als ohnehin schon, eben genau diese schmerzhaften Gefühle loszulassen, sie liebevoll anzunehmen, im Sinne eines „Das BIN nicht ICH – das ist nur da.“ Somit ist das Konzept „Schmerzkörper“ nicht nur überflüssig, sondern sogar kontraproduktiv.

Nun sagt Tolle ja (zutreffend), dass man diesen „Schmerzkörper“ einfach anschauen solle: „Akzeptieren heißt, die Gefühle zuzulassen, die du im Augenblick empfindest. Es gehört zum Sosein des Jetzt. Du kannst dich nicht gegen das sträuben, was ist. Du kannst es zwar, aber dann leidest du“. Buddhas Worte … Aber im Gegensatz zu Buddha verrät uns Tolle nicht WIE man zur „Akzeptanz des gegenwärtigen Momentes“ gelangt. Buddha hingegen lehrt: Wenn Du wirklich achtsam bist und sofort bemerkst, wenn ein Gefühl entsteht und aus diesem Gefühl diese besagte Widerstands-Spannung, dann hast Du die Möglichkeit, diese Spannung sofort abzubauen, ohne in die Falle der „mentalen Ausuferungen“ zu tappen. Wie das funktioniert kannst Du, wenn Du magst, in meiner Broschüre über die Liebende-Güte-Meditation nachlesen – hier findet sich das von Buddha gelehrte Prinzip des sechsten Gliedes des Achtfachen Pfades: Harmonisches Sichbemühen, das ich in „BLESSED“, dem Kreis, den es immer und immer wieder zu durchlaufen gilt, bildhaft darstelle.

Kurzum: Es wird heute von vielen spirituellen Lehrern viel gelehrt und verkauft. Schaut man genau hin, findet sich dort aber meist auch nichts Neues; meist werden der Lehre Buddhas nur einfachere (und die Lehre oftmals verwässernde) Worte gegeben. So jedenfalls sehe ich es. Und nun kommst Du … 😉

Die Apokalypse aus buddhistisch-mystischer Sicht

Ich möchte mich heute einmal mit einigen interessanten Gedanken zu einem Thema widmen, dessen Titel den Meisten von uns bekannt vorkommen dürfte: Die Apokalypse (Johannes Offb. 1,1,), jenes den Weltuntergang verheißende Szenario mit seinen Sieben Plagen und den Vier Apokalyptischen Reitern und diversen hübschen Tierchen, neben denen man nicht unbedingt morgens aufwachen möchte. Der Begriff  der Apokalypse wird demnach meist verstanden im Sinne von „Ende der Welt“, jedoch mag man hinter diesem Begriff weit mehr sehen und verstehen, und es ist faszinierend zu schauen wo man hin kommt, wenn man ihn sich einmal genauer anschaut:

Denn nach dem reinen Wortsinn hat der Begriff Apokalypse mit Weltuntergang oder ähnlichem zunächst einmal nichts zu tun: Aus dem Griechischen direkt übersetzt bedeutet „απο“ „weg“ und „κάλυψις“ ist die Verhüllung, das Verbergen. Die Bedeutung ist also quasi „die Decke wegnehmen“, ent-hüllen. Und auf diese Weise kommen wir der Übertragung mit dem Begriff „Offenbarung“ recht nah. Man kann also sagen: Am Ende der Welt offenbart sich etwas, wir ent-decken etwas.

Untersuchen wir etwas weiter: In Joh. 17, Vers 14-18, spricht Jesus ein Gebet für seine Jünger. Dort heißt es:

„Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von dieser Welt sind, wie ich nicht von dieser Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus dieser Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin. Heilige sie durch die Wahrheit! Dein Wort ist Wahrheit. Wie Du mich in diese Welt gesandt hast, habe auch ich sie in diese Welt gesandt.“

„In dieser Welt“ bedeutet also die Welt der Formen, der Gestaltungen, die grobstoffliche Welt, wie wir Menschen sie durch unsere 6 Sinnentüren (Auge, Ohr, Nase, Zunge, Tastsinn und Geist/Denken) kognitiv wahrnehmen und interpretieren. Der Buddhismus nennt diese Perspektive der Welt samsara. Die andere Perspektive ist nibbâna (oder nirwana); wohlbemerkt sind samsara und nibbâna keine zwei verschiedenen Welten, sondern lediglich zwei Ansichten desselben Wahrnehmungsobjektes, zwei Seiten derselben Münze, wenn man so will. Vor diesem Hintergrund und vor der Idee, dass man diese „Geisteshaltung der Perspektive des bis in idem (zweimal in demselben)“ einmal auf den Inhalt der Begriffes „Paradies“ und „Hölle“ einmal analog anwenden mag, wenden wir uns nun einmal zurück zum „Ende der Welt“. Ich möchte einmal dazu einladen, es als „Ende DIESER (samsarischen) Welt“ zu begreifen. Wir sprechen hier also keineswegs mehr von ihrer physischen Zerstörung im Sinne vielleicht einer gigantischen Explosion oder einer ähnlichen Katastrophe; wir nehmen das Ende der Welt einmal sinnbildlich …

Machen wir einen kleinen Exkurs: Was geschieht eigentlich in der (Einsichts- / vipâssana-) Meditation? Wir beruhigen zunächst unseren Geist. Daraufhin verlangsamen sich scheinbar unsere Denk- und Wahrnehmungsvorgänge (natürlich nicht oder kaum tatsächlich, wir werden nur wacher und aufmerksamer). Im weiteren Verlauf beginnen wir – sehr knapp dargestellt – zu sehen und zu erfahren, wie wir funktionieren. Wir erfahren den gesamten Vorgang unserer Wahrnehmung angefangen bei einem Sinneneindruck bis hin zu dem Punkt, an dem wir das, was von „da draußen“ auf uns einwirkt, auf uns beziehen, es persönlich nehmen. Wir erkennen, dass alles, was geschieht – in uns und um uns herum – lediglich Vorgang ist, nur Prozesse, die entstehen und vergehen. Auf diese Weise können wir beginnen, unsere Konzepte und Interpretationen von den intellektuell begreifbaren Dingen (also von allem, was durch unsere Sinne auf uns einwirkt) einmal loszulassen; wir betrachten die Welt nach und nach immer mehr aus einer anderen Perspektive, der Perspektive des nibbâna. In sehr tiefer Meditation sehen wir, wie sich alles Formweltliche, Grobstoffliche, Materielle, alles, was unser Verstand sich so zurechtgeschliffen hat, wie er meint, dass es sein müsste, plötzlich als ausgesprochen relativ, als Illusion* herausstellt, wie die zehntausend Dinge (der taoistische Begriff für „das materielle Alles“) sich einfach in Wohlgefallen auflösen, sobald unser Denken in Konzepten und Interpretationen endet.

 Wenn sich das (Anm.: „diskursive“) Denken erhebt, erheben sich alle Dinge alle Dinge; schwindet das (Anm.: „diskursive“) Denken, schwinden alle Dinge!  (Zen-Meister Huang-Po)

 Dies ist das Ende der Welt mit seinen Formen und Gestaltungen, „dieser Welt“, und es offenbart sich die Ebene von „nicht von dieser Welt“ – die Wahre Natur der Dinge. Es offenbart sich eine Welt, in der alles Relative ein Ende findet: kein groß, kein klein, kein lang, kein kurz, kein oben, kein unten, kein gut, kein schlecht, kein schön, kein hässlich. Alles ist einfach nur so da, so wie es jetzt-hier da ist, entsteht, vergeht. Einfach nur so und derart unspektakulär, dass es schon wieder spektakulär ist!

Ich denke, diese – recht buddhistische – Sichtweise der Apokalypse wirft ein etwas weniger grauenerregendes Licht auf sie. Was aber soll dann diese Vision mit den apokalyptischen Reitern? Warum wird diese Enthüllung als so bedrohlich dargestellt?

Ohne jetzt auf die vielen verschiedenen traditionellen Interpretationen der Vier Apokalyptischen Reiter eingehen zu wollen, kann man, so glaube ich sagen, dass es im Kern um das geht, was im ZEN „mystischer Tod“ genannt wird. Dieser „mystische Tod“ hat natürlich ebenfalls nichts mit dem physischen Ableben zu tun. Wenn man in tiefer Meditation die Erfahrung der Wahren Natur der Dinge gemacht hat, dann erschließt sich, dass alles Dinge dem Wesen nach „leer“ sind. Wie erwähnt, sind in diesem Zustand alle Interpretationen, Analysen und Werturteile zum Erliegen gekommen, und es fallen alle rationalen, den Verstand durchlaufen habenden Begriffe von uns ab. Übrig bleibt eine reine, interpretationslose Wahrnehmung aller Dinge. Was hat das mit dem „mystischen Tod“ zu tun? Die Perspektive, die sich durch diese Erfahrung erschließt, betrifft natürlich auch uns selbst; wir erkennen uns selbst als unsere eigene Interpretation. Wenn wir aufhören uns zu interpretieren, sehen wir, dass auch wir selbst einfach nur so da sind – sind gut, nicht schlecht, nicht gut, nicht böse … einfach nur so da, friedlich und ein Einklang mit allen anderen Dingen, die ebenfalls nur so da sind. In diesem Atemzuge lassen wir unser Ego los, schenken jenen Ego-Strukturen, die uns wie ein Hetzhund durch das Leben der sinnlichen Begierden, Wünsche und Sehnsüchte treiben, einfach keine große Beachtung mehr – außer der, dass auch sie einfach so da sind. „Mystischer Tod“ heißt also, sich von seinen Strukturen und Mustern nicht mehr beherrschen zu lassen. Dass dies jedoch nicht einfach ist, dass man über viele Jahre entstandene Muster nicht von heute auf morgen loslässt, leuchtet ein – es ist ein harter, ein dorniger Weg [über den Begriff des Passionsweges werde ich bald an dieser Stelle schreiben]. Viele kleine Höllen gilt es zu durchqueren, manchmal scheint eine Krise die nächste zu jagen. Die Symbolik der apokalyptischer Reiter1 scheint mir recht gelungen, um auf das hinzuweisen, was dem Sravaka, dem Edlen Schüler des dhamma so blühen kann auf seinem Pfad.

Und vielleicht wird es uns durch diese Perspektive ein wenig klarer, dass der buddhistische (und auch der mystische) Weg keine Wellness-Veranstaltung ist, bei der es darauf ankommt,  ein paar Räucherstäbchen und Kerzen anzuzünden, ein paar Blümchen-Dekos aufzustellen und auf dem Meditationskissen „OM“ zu säuseln. Es geht um einen Weg der schonungslosen Selbsterkenntnis, einen Weg des sokratischen „gnotì sautòn“. Ebenso, wie es keinen Sinn macht, einen Psychotherapeuten aufzusuchen und ihm das Blaue vom Himmel herunter zu lügen, müssen wir auf dem WEG ebenfalls ehrlich sein – zu uns selbst. Das ist nicht angenehm, und manchmal macht es Angst; aber es ist der einzige Weg, ein Leben in Infriedenheit mit sich selbst und dieser Welt zu führen. In diesem Sinne schließe ich mit einem Wunsch, dessen Worte einem Buchtitel von Christopher Titmus entsprechen: Mögen alle Wesen „Angst verlieren – Freiheit finden“.Keep smiling

METTA sendet Euch von Herzen

Michael

*wohlbemerkt als Illusion, nicht als ‚Utopie‘. Es ist wichtig, das nicht zu verwechseln. Eine Illusion ist durchaus existent, sie ist nur nicht das, wofür man sie hält (etwa eine Fata Morgana). Utopie – aus dem Griechischen „οὐ“ und „τόπος“ – bedeutet „kein Ort“; sie ist also etwas, was nirgendwo und an keinem Ort, also gar nicht existiert

1] Anmerkungen zu den 4 apokalyptischen Reitern:

Ich habe im Sinne meiner Auslegung der Apokalypse auch die Reiter einmal in diesem Lichte betrachtet, und kam zu folgender Deutung:

Erster Reiter (weißes Pferd)

Traditionelle Auslegung:

Hinweis auf Krieg, der durch einen falschen Heilsverkünder begonnen wird

Alternativ:

Hinweis auf einen Krieg in uns; der falsche Heilsverkünder ist das EGO, das uns Glück und Heil durch Sinnenvergnügen verspricht; der Krieg ist derjenige, den die islamische Mystik als „heiligen Krieg“ (= dschihad) bezeichnet. Es ist der Krieg gegen die Herrschaft des EGO in uns (!).

Zweiter Reiter (rotes Pferd)

Traditionelle Auslegung: Hinweis auf Tod durch Krieg

Alternativ: Der Tod durch den inneren dschihad ist der mystische Tod, siehe oben.

Dritter Reiter (schwarzes Pferd)

Traditionelle Auslegung:

Hinweis auf Tod durch Hunger; der Reiter hält eine Waage in der Hand

Alternativ:

Hinweis auf mystischen Tod, „Tod des EGO“; die Waage in der Hand des Reiters steht sinnbildlich für Maß halten.

Vierter Reiter (blass-fahles Pferd)

Traditionelle Auslegung:

Hinweis auf Furcht, Angst vor Krankheit und Verderben; Anhaften am Leben

Alternativ:

Hinweis auf das, was im Buddhismus die „5 Hindernisse“ genannt wird. Es sind diejenigen Geisteszustände (Widerwille, sinnliche Lust, Rast- und Ruhelosigkeit, Faulheit und Ignoranz, Zweifel an der Richtigkeit des Weges), die uns vom  Erreichen der vier erhabenen Verweilzustände (brahmaviharas) Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut abhalten

„Leitartikel“ – Das torlose Tor

Eigentlich entstammt „Das torlose Tor“ als Koan (einem Rätsel, das oberflächlich betrachtet paradox erscheint und sich erst klärt, wenn man nicht versucht, es durch intellektuellen Zugang zu lösen) dem Zen-Buddhismus. Ich habe es zum Leitmotiv dieses Blogs gewählt, weil mich das diesem Bild zugrunde liegende Prinzip fasziniert und es – wie ich finde – unglaublich viele Antworten bereithält.

Allen voran … auf die Frage nach der Suche. „Du kannst nicht finden, bevor Du nicht aufgehört hast, zu suchen“, heißt es vielfach. Das stimmt, aber wieso ist das so? Solange wir etwas bestimmtes suchen, haben wir natürlich eine mehr oder weniger konkrete Vorstellung von dem, was wir suchen, sei es „Erleuchtung“, sei es „innerer Frieden“ oder sei es auch nur die Vorstellung selbst, dass es ein Ziel gibt, wo man hingelangen kann, und dass man dieses Ziel dem Verstand zugänglich machen kann.

Alles aber, was dem Verstand zugänglich ist, ist Interpretation und somit gefärbt von unseren individuellen neuronalen Strukturen, m.a.W. von dem, wie wir gelernt haben, die Dinge zu interpretieren und zu benennen. Was jedoch interpretiert ist, ist nicht mehr das, was es ist, wenn es ganz natürlich, bar jeder Interpretation und Deutung und Benennung ist. Unsere gesamte Wahrnehmung ist nur ein verzerrtes Spiegelbild des „Originals“, das auch gern „Wahre Wirklichkeit“ oder „Das Absolute“ genannt wird.

(Ich möchte zur Vertiefung auf einen Aufsatz auf rafananda.de hinweisen: Anatta – Nicht-Selbst)

Wenn wir das Absolute suchen (absolvere: (Lat.) Loslösen; also das vom „intellektuellen Verständnis“ Losgelöste), dann können wir dies nicht mit den Augen des Relativen tun – es wäre, als wollte man mit den Augen riechen oder mit den Ohren schmecken. Das Absolute liegt nicht im „Zuständigkeitsbereich“ unseres Verstandes. Daher ist es so wichtig, eben nicht zu suchen, das Konzept von etwas, das wir mutmaßlich finden könnten, loszulassen und statt dessen einfach nur zu schauen – urteilslos, absichtslos, interpretationslos.

„Suche es nicht, benenne es nicht, lerne es nicht;

sei weit offen wie der Himmel, und Du bist auf dem Weg“

(Zen-Meister Nansen)

 Wenn uns das gelingt, dann finden wir plötzlich etwas auf, ohne es gesucht zu haben –ganz automatisch: Die Sicht der Dinge ohne unsere konzeptuelle Färbung. Dazu gehört freilich, sich wirklich in die Lage zu versetzen zu können, alle Konzepte, Vorstellungen und Ideen loslassen zu können (nur zu können! Es geht nicht darum, sich von ihnen gänzlich abzukehren – das wäre fatal!).

Wenn der Geist ganz ruhig wird, wenn wir die Konzepte losgelassen haben, dann tut sich uns plötzlich eben die Perspektive des Namenlosen, des Absoluten auf – das ist ein Effekt von Meditation. In der Meditation geht es also nicht darum, etwas zu erreichen, zu gewinnen (oder eben zu finden), sondern darum, etwas loszulassen, weg zu nehmen, nämlich eben unsere Konzepte und gedanklichen Vorstellungen und Ideen, die allesamt unseren Blick verdunkeln.

Das wissen darum, wie die Dinge wirklich sind, also um die absolute Wahrheit (man könnte es auch das Göttliche nennen, oder das Eine), liegt also bereits in uns vor, wir müssen es lediglich wieder ent-decken, denn es ist ver-deckt eben durch die Gedanken, die uns mit den Konzepten versorgen, die uns vernebeln.

Und so kommen wir auf den Punkt: Wenn das Wissen und die Erkenntnis bereits tief in uns vorliegen, dann können wir dort nicht mehr hingelangen. Und ebenso versteht sich das torlose Tor: Wir gehen im Zuge der Erkenntnis und der Erfahrung des Einen, des Göttlichen durch ein Tor, von dem wir im Anschluss feststellen, dass da gar kein Tor war; alles – alle Fragen und alle Antworten – waren immer da, es gibt nichts, wo man hingelangen kann; man kann sich nur einer neuen Perspektive öffnen und die alte Perspektive loslassen. Dies ist das Portal …

Also gibt es doch ein Tor, durch das man gehen kann? Ja … und eben nicht … es ist ein torloses Tor. Wenn wir versuchen, hindurchzugehen, verschließt es sich! Lassen wir den Versuch los und öffnen uns ganz dem gegenwärtigen Moment, öffnet sich das Tor nicht nur, sondern es verschwindet. Es eröffnet sich die Perspektive des Ewigen, des Absoluten – dies ist die „Offenbarung“.

Metta sendet Euch

Michael

Kontrolle, Einflussnahme, Entscheidungsfreieheit – Karma

Ich werde oft gefragt, ob es eine Art Determinismus gibt. Ist alles vorher bestimmt? Oder haben wir doch eine Entscheidungsfreiheit? Können wir Einfluss nehmen auf die Zukunft? Oder haben wir – wie ich es oft formuliere – keinerlei Kontrolle über irgendetwas?

Ich finde diese Frage äußerst spannend, und obwohl sie an anderer Stelle hier im Blog aufgeworfen worden ist, werde ich ihr hier einen eigenen Artikel widmen. Auch möchte ich versuchen, sie möglichst kurz und klar zu behandeln, denn je mehr man in die Tiefe geht, desto komplizierter wird es. Vorweg nehmen möchte ich, dass beides stimmt: Sowohl haben wir nichts unter Kontrolle, als auch hängt von unseren Gedanken, Geisteshaltungen und Handlungen alles ab.

Ich möchte damit beginnen zu erklären, warum ich oft sage, dass wir „nichts unter Kontrolle haben“. Hierfür möchte ich einmal mehr auf das Bedingte Entstehen zu sprechen kommen.

Wenn vor meinem Fenster jemand seine Autohupe betätigt, dann entsteht Geräusch – buddhistisch ausgedrückt, ein Hörobjekt. Habe ich darauf einen Einfluss? Nein. Dieses Geräusch trifft auf mein Ohr (Hörsinn). Habe ich darauf Einfluss? Nein. [Ich kann es umgehen, indem ich zB Ohropax benutze, dass ändert aber nichts am grundlegenden Prinzip]. Ich nehme dieses Geräusch zur Kenntnis – Hörbewusstsein entsteht. Habe ich darauf Einfluss? Nein. Treffen diese drei zusammen, entsteht Kontakt mit der Außenwelt. Aus dem Kontakt entsteht ein unbehagliches Gefühl, da ich mich erschrecke, was nichts anderes bedeutet, als dass Adrenalin ausgeschüttet wird, das im Körper spürbar wird. Habe ich darauf Einfluss? Nein. Dieses unbehagliche Gefühl lehne ich ab, der Buddhist nennt das „negatives Begehren“. Und hier befinden wir uns an einer Schnittstelle, die ich für den Moment offen lassen möchte.

Das gleiche Prinzip gilt für auftauchende Gedanken. Wenn ein Thema im Kopf auftaucht und sich das Denken zu ihm hinwendet, entsteht Denkbewusstsein – ein Gedanke entsteht, zum Beispiel an die Steuererklärung. Dieser Gedanke löst ein unangenehmes Gefühl aus und negatives begehren entsteht. Auch auf diese Prozesse haben wir keinerlei Einfluss, üben keine Kontrolle darüber aus. Dies zu sehen ist Aufgabe der Meditation. Alles ist lediglich eine Abfolge von Prozessen an den Sinnestüren, im Gehirn  und im Körper (freilich mit zahllosen Feedbacks).

Und auch, wie es dann weiter geht, können wir in der Meditation betrachten: Aus dem Begehren wird Anhaftung, d.h., wir grübeln über das Ereignis nach und nehmen es persönlich, machen es zu einer „persönlichen Geschichte“. Und je nachdem, wie wir individuell gestrickt sind, handeln wir gemäß dieser Strukturen. Wenn wir das immer wieder auf die gleiche Weise tun, entsteht in uns der Eindruck einer „statischen Persönlichkeit“, eines „Das bin ICH“. Aber so weit wollte ich gar nicht gehen.

Viel wichtiger ist diese Schnittstelle zwischen Gefühl und Begehren. Ich denke, es ist deutlich geworden, in wie weit wir tatsächlich keinerlei Einfluss haben auf das, was im gegenwärtigen Moment geschieht. An dieser Schnittstelle zwischen Gefühl und Begehren jedoch haben wir die Wahl: Wir können das Gefühl einfach Gefühl sein lassen, nicht dagegen Widerstand leisten oder gar darüber nachgrübeln – in einem Wort: LOSLASSEN. Oder wir können uns eben hineinsteigern und damit unheilsamem Handeln den Grundstein legen.

„Wie immer Du mit dem gegenwärtigen Moment umgehst bestimmt darüber, was im nächsten Moment geschieht.“, sagt Buddha.

Das bedeutet: Über alle Vorgänge, die jetzt-hier vorliegen, haben wir keine Kontrolle. Aber wir haben die Wahl, wie wir mit ihnen umgehen. Indem wir Widerstand leisten, verkrampfen wir und handeln nicht mehr in harmonischer Besonnenheit. Nehmen wir das Ereignis (gleichviel, ob es eine Schmerz im Knie ist, ein Gedanke, eine Emotion oder ein Ziegelstein, der auf unser Auto fällt) liebevoll an, dann geht das unbehagliche Gefühl ebenso wie es entstanden ist … von allein! Und wir verbleiben im Einklang mit dem jetzigen Moment.

In Thailand war es mir einen Tagebucheintrag wert, dass ich jedes Mal (!!), wenn ich mir eine Wunschvorstellung von etwas machte, also die Dinge so haben wollte, wie ich meinte, dass sie gut für mich seien, immer erst genau das Gegenteil von dem passierte, wie ich es mir gewünscht/erhofft hatte. Wenn ich hingegen dann keinen inneren Widerstand dagegen leistete, nicht versuchte, die Dinge „unter Kontrolle zu bringen“, wendete sich alsbald das Blatt, und ich bekam, was ich mir erwünscht hatte.

In einem weiteren Eintrag übertrug ich das auf das Prinzip von Karma: Wenn wir unzufrieden sind (negatives Begehren), manifestiert sich das als unangenehmes Gefühl, es entsteht Spannung und Verkrampfung in uns. Aus dieser Verkrampfung heraus resultiert unheilsames Denken und Handeln – der Blick ist nicht rein und klar. Somit hat man auch keinen rechten Überblick mehr über den gegenwärtigen Moment, handelt nicht, wie der Moment es einfach verlangt – in Harmonie mit ihm -, sondern mit einem „aktiven Schmerzkörper“ (wie E. Tolle sagen würde), der uns unangemessen und disharmonisch handeln lässt. Wenn der Geist weit offen ist wie der Himmel, dann wird man selbst zum Himmel und kann nur in Harmonie mit ihm (= mit sich selbst) handeln. Unser disharmonisches Handeln hingegen führt zu „Reaktionen des Kosmos“, die zwar ihrerseits in sich stimmig sind, die sich dann jedoch ebenfalls unbehaglich und schmerzhaft anfühlen (Wenn ich aus 3 m auf Beton springe, ist es in sich stimmig, dass das schmerzhaft ist, aber es tut eben weh …). Damit kann dann – meist parallel auf vielen verschiedenen Ebenen – eine entsprechende Ursache-Wirkungs-Kette in Gang gesetzt werden, die uns immer tiefer in den Abgrund zieht – bis es uns gelingt, wieder in Harmonie zu sein.

Um es also abschließend noch einmal zu sagen: Alles, was entsteht, entsteht, weil die Gesamtheit der Bedingungen für das Entstehen vorgelegen haben; darauf (und also auf das, was JETZT-HIER ist) haben wir keinen Einfluss. Aber wenn wir Widerstand dagegen leisten, handeln wir im nächsten Moment disharmonisch und setzen mangels Besonnenheit unheilsame Ursachen. Die wirken zurück auf uns selbst. Einfluss nehmen können wir also auf die Zukunft, indem wir uns entscheiden: für oder wider den Widerstand gegen die Wahrheit des gegenwärtigen Momentes.

Somit stimmt beides …

Allerdings bleibt hier eines offen: Hirnforscher der Uni Bielefeld haben festgestellt, dass unsere Entscheidungen schon bis zu 15 Sekunden feststehen, bevor sie uns bewusst werden. Die Neuronenverknüpfung passiert also weit vor unserer Bewusstwerdung! Das bedeutet … da ist niemand, der entscheidet … da ist auch wieder nur … Prozess.

Aus dieser Aussage mag jeder machen, was er will …

METTA sendet

Michael

D. Die Bedeutung des LÄCHELNS

Am Anfang steht ein Lächeln

 Metta (aber auch jede andere Form von Ruhiger Weisheitsmeditation) zu praktizieren bedeutet auch eine Geisteshaltung des Lächelns zu kultivieren. Warum?  Weil Lächeln einen erstaunlichen Effekt auf uns selber und auf unsere Außenwelt hat; beides greift ineinander. Unser Geist ist regelmäßig in einem Zustand von Angespanntheit, in Sorge um die Zukunft, Ärger über Vergangenes, Verdruss über Gegenwärtiges – kurz: er ist ständig im Hader und oftmals im Krieg mit den Dingen, die er anders haben will als sie sind. Das ist, kurz gesagt, der Ursprung von Leid.

Unsere Aufgabe besteht also darin, unseren Geist zunächst einmal zu entkrampfen, etwas weich und liebevoll werden zu lassen. Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Lächeln über die Aktivierung verschiedener Gesichtsmeridiane genau das durch Produktion von Glückshormonen bewirkt.

Dieser Ausstoß von Glückshormonen bewirkt zudem, dass es uns leichter fällt, mit etwas, was uns Jetzt-Hier „gegen den Strich“ geht, geschmeidiger umzugehen. Es hilft, die Perspektive zu wechseln von „Ich bin ärgerlich“, „Ich bin wütend“, „Ich bin traurig“ hin zu „Hey, da ist etwas, was mir Unbehagen bereitet – und es ist ok, es ist nur ein Gefühl, es ist nicht gegen mich persönlich gerichtet.“ Das ist die Perspektive der liebevollen Annahme, die der Tatsache Rechnung trägt, dass alles, was jetzt da ist, da sein muss, weil die Entstehens-Bedingungen schlichtweg dafür vorlagen – mit „mir“ hat das nichts zu tun. Ich kann Frieden schließen mit dem, was ist.

Das Lächeln und die Ruhe, die ich in dem Moment ausstrahle (man nennt dies auch gern „in seiner Mitte sein“) wirkt sich auch auf unsere Umwelt aus. Die Gesichtszüge werden weich und sanft, man strahlt Ruhe und Frieden aus, und dies strahlt zurück! An dieser Stelle entwickelt sich zwischen dem „Innen“ und dem „Außen“ eine „Spirale der harmonischen Güte“, welche in der Meditation wiederum dergestalt wirkt, dass wir deutlich schneller und tiefer in die Ruhe kommen.

Wichtig ist auch zu erkennen, wie wir uns oft selber Steine in den Weg legen, indem wir meinen, wir dürften nicht glücklich sein, haben es nicht verdient oder es gäbe einfach keinen Grund zu Lächeln. Was immer aber uns davon abhält, Fröhlichkeit zu entwickeln – schlussendlich ist es immer nur unser eigener Geist, der uns davon abhält. Kein Mensch auf der Welt verbietet Dir glücklich zu sein – außer im Zweifel Du selber … Solange wir uns von unseren verhärteten und hartherzigen Gedanken dominieren lassen, werden wir keine Befreiung vom Leid finden.

 Ein junger Mönch kam zu seinem Meister und fragte:

„Meister, wie kann es nur sein, dass Ihr stets ein Lächeln auf den Lippen tragt?“

Der Meister antwortete:

„Wie kann es nur sein, junger Mönch, dass Du es nicht tust?“

 Es ist also wichtiger zu lächeln als man annehmen mag, und wenn unser Geist uns davon abhalten will, weil er wieder einmal „alles doof“ findet, vergeben wir ihm einfach liebevoll – und mit einem Lächeln.

„Sometimes your joy is the source of your smile, but

sometimes your smile can be the source of your joy.“
(Thich Nhat Hanh)

[Vorschlag: Versuche einmal , so viel und so oft zu lächeln, wie es Dir möglich ist, ganz gleich, ob Dir danach ist oder nicht. Mache Dir dabei nicht zum Vorwurf, wenn Du einmal nicht lächelst, versuche, nicht darüber nachzudenken. Durchlaufe einfach „BLESSED“ und lege somit wieder ein liebevolles Lächeln in Deine Augen und auf Deine Lippen. Es kann ein ganz kleines, äußerlich fast nicht sichtbares Lächeln sein. Was immer Du tust – tue es bewusst mit einem Lächeln. Und .. schau einmal, ob sich etwas in Dir verändert …]