Über das Weggehen und das Zurückkommen

Alles ist WEG!

 Wann beginnt eigentlich das Zurückkommen? Wenn wir auf eine Reise gehen, dann kommen wir ja (im Normalfall 😉 ) irgendwann wieder nach Hause. Aber: Wann beginnt der Rückweg?

 Auf der Hälfte der Reise? Und dann etwa zeitlich oder örtlich? Das setzt voraus, dass man diesen Punkt klar definieren kann. Einen solchen könnte man vielleicht durch Berechnungen eruieren, aber mutet es nicht praktisch unsinnig an?

 Wenn man die Hälfte einer Reise aber nicht definieren kann, dann ist es ja willkürlich, wo und wann  man vom Rückweg zu sprechen beginnt; dann beginnt der Rückweg womöglich bereits mit dem ersten Schritt der Reise? Oder vielleicht bereits mit dem ersten Impuls, den ersten Schritt zu tun? Oder bereits mit dem ersten Gedanken an die Reise? Ist das bereits der Rückweg? Das erscheint abwegig.

 Wenn aber der Weg keinen Punkt zu haben scheint, an dem der Rückweg beginnt, dann könnte der Rückweg also überall beginnen, demnach auch im Augenblick des Heimkehrens. Wie aber kann ich dorthin zurückkehren, wo ich bereits bin? Wann bin ich überhaupt wieder „daheim“?

 Es scheint, als sei der Rückweg eher „mental-emotional“ zu verstehen; an einem Punkt der Reise „wähnt oder fühlt man sich“ auf dem Rückweg befindlich. Aber auch das variiert, je nach Stimmungslage.

 Mit all dem Gesagten kommen wir also nicht weiter. Aber sehen wir es doch einmal so:

 Unsere Reise (auch und vor allem im metaphorischen Sinne) ist linear! Es gibt kein Hin, und es gibt auch kein Zurück. Es gibt nicht einmal Schlenker, auch wenn es manchmal so zu sein scheint – in der Wahrheit des gegenwärtigen Augenblickes verläuft der Weg tatsächlich immer nur linear, und er kann auch nicht anders verlaufen. Mit jeder Sekunde ändert sich die Verlaufsrichtung des Weges, und doch bleibt er in der Gesamtschau immer gerade. „Ungerade“ wird er nur im Lichte der möglichen Alternativen für die Vergangenheit oder Zukunft; aber das ist Illusion. In der alleinigen Betrachtung des Weges, den man tatsächlich gegangen ist, jetzt geht und gehen wird, ist und bleibt er linear.

 Alles ist immer anders – von Moment zu Moment. Sehe ich auf dem „Hinweg“ einen Baum von der einen Seite, so sehe ich ihn auf dem „Rückweg“ von der anderen Seite. Meine Erfahrung des Baumes ist eine Neue. Und somit ist da nur WEG. Die Idee, das Konzept eines Rückweges existiert nur, weil wir nach Konstanten in unserem Leben suchen, etwas, auf das wir zurückgreifen können. In Wirklichkeit aber besteht das Leben nur aus der geradlinigen Bewegung – richtungslos und orientierungslos. Dem können wir nur Freund werden, wenn wir selber absichtslos werden und ohne Anhaftung an ein Ziel.

 Das ist der Sinn von: Der WEG ist das Ziel.

05.03.2013: Nachtrag zum Thema Umkehr, da ich es eben andernorts gepostet habe und es mir wichtig erscheint:

Wenn es z.B. in der Bibel heißt „Kehret um“, dann ist dies zu verstehen als Aufruf zur Rückbesinnung auf das Eigentliche, Wesentlich … die Liebe. Es ist also keine Umkehr im Sinn eines Rückweges, sondern eine Umkehr im Sinne einer Weiterentwicklung hin zum Ursprünglichen – somit wird der Weg der Umkehr zu einem Weg nach vorne 🙂 – ein „mystisches Paradoxon“ 🙂 Ist das nicht … schön?

Metta 2 U

„Phra“ Michael

Getting lost …

Kürzlich war ich in meiner Heimatstadt unterwegs mit dem Fahrrad. Und obwohl ich sie nach 45 Jahren kenne wie meine Westentasche, ergab es sich, dass ich mich verfuhr. Ich befand mich auf vollkommen unbekanntem Terrain und hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich wieder in Richtung Stadtzentrum gelangen würde. Ich fuhr und fuhr, mal nach Norden, mal nach Süden, mal nach Westen, mal nach Osten – aber nichts von dem, was ich sah, kam mir im Entferntesten bekannt vor. Irgendwann blieb ich stehen und überlegte, was ich denn nun tun sollte. Und wie ich da so mit meinem Fahrrad stand, sah ich eine Frau und einen Mann in einiger Entfernung, die sich unterhielten, und ich dachte darüber nach, sie einfach nach dem Weg zu fragen. Aber irgendetwas hielt mich noch davon ab. Doch plötzlich sah ich da fünf buddhistische Mönche, die, sehr eiligen Schrittes (fast schon im Laufschritt), eine Straße in Richtung eines Gebäudes überquerten. Ich dachte bei mir: „Ok, die werde ich jetzt nach dem Weg fragen.“ Ich fuhr zu ihnen hin, bat sie kurz anzuhalten, sie blieben etwas unwillig stehen, und ich fragte sie – da sie offensichtlich Asiaten waren auf Englisch – nach dem Weg. Einer von ihnen begann in erstaunlich gutem Englisch, mir den Weg zu beschreiben. Die Sache hatte nur einen Haken: Er beschrieb mir den Weg rein theoretisch, so, als habe er aus einem Reiseführer auswendig gelernt, wie man ins Stadtzentrum gelangt, nannte die Straßennamen, erklärte, an welchen Gebäuden und Parks man vorbei käme … alles hoch präzise. Nicht aber sagte er mir, wo genau wir uns überhaupt befänden und in welche Richtung ich mich von hier aus auf den Weg machen müsse. Nach seinen Ausführungen eilten die Mönche in das Gebäude – und ich stand wieder da … so schlau wie vorher. Und auch der Mann und die Frau waren inzwischen verschwunden. In diesem Moment erwachte ich aus meinem Traum.

Kopie von DSCF0533 Das Weltliche (der Mann und die Frau) wird mir keine befriedigenden Antworten auf meine   Fragen geben können – hier brauche ich nicht zu suchen. Aber die Religion (hier der Buddhismus, repräsentiert von den Mönchen), die viele (richtige) Antworten geben kann, hilft ebenfalls nicht weiter, solange man sich nur nach den Dogmen und Theorien richtet. (Dass die Mönche so schnell verschwanden bedeutet, dass es auch nicht ihre Absicht war, mir einen eindeutigen Weg aufzuzeigen). Letzten Endes müssen wir den WEG gehen – selbst, jeder für sich und unter Umständen mit vielen Umwegen. Und letzten Endes kennen wir den WEG, denn wir alle befinden uns in unserer Heimatstadt … immer.

Hatte der Mönch im Traum mir also gar nicht weitergeholfen? Doch! Denn wenn ich auf dem richtigen WEG sein würde, würde ich es daran erkennen, dass das, was ich erfahre, übereinstimmen wird mit dem, was der Mönch mir beschrieb.

Was für ein schöner Traum.

Mit METTA

„Phra“ Michael