Hindernisse in der Meditation

Zen-Mudra

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Das Problem ist jedem Meditierenden wohlbekannt: Man sitzt auf seinem Meditationskissen, und die Gedanken wollen und wollen einfach nicht zur Ruhe kommen. Oder aber: Kaum hat man sich niedergesetzt, schon döst man weg. Von Meditation keine Spur! „Was kann man da machen?“, diese Frage bekomme ich oft zu hören, und sie ist nicht leicht zu beantworten.

Eines sollte man sich wirklich vor Augen halten: Unser Geist ist keine Maschine, die man an- und abschalten kann – unsere Gedanken machen erst einmal, was sie wollen, und das den lieben langen Tag. Wir haben keine dauerhafte Kontrolle über sie – nie wird das deutlicher als in solchen Meditationen. Das erste also ist: Nutze diese Erfahrung als Erkenntnis. Du bist nicht Deine Gedanken, und Deine Gedanken sind nicht Dein Selbst. Ein „Ich“ oder „Selbst“ ist ja immer „selbstbestimmt“, und so könnten Deine Gedanken dann quasi zu sich selbst sagen: „Die Gedanken sollen so sein oder die die Gedanken sollen so sein.“ Geht aber nicht. Also hast Du hier schon einmal einen Einblick in die buddhistische Lehre von „Nicht-Selbst“ ;).

Aber nun zur Praxis: Ich erarbeite gerade einen stufenweisen, methodischen Aufbau von vipâssana-Meditation; mit jeder Phase oder Stufe geht es etwas tiefer in die Meditation hinein. Und beim Erarbeiten dieser Meditationen fiel mir auf, dass man die Stufen nicht einfach nacheinander „abarbeiten“ kann; es gibt auch „Rückschritte“, die es dann natürlich liebevoll anzunehmen gilt! Hieran kann man ein weiteres Mal sehen, dass die Dinge laufen, wie sie wollen, nicht wie wir wollen. Eine wunderschöne Übung in liebevoller Annahme. Und zudem verhindert es das Entstehen „spiritueller Arroganz“ („Ich bin ja so ein toller Meditierender!“)

Und auf diesem Grundsatz beruht auch die „Erste Stufe“: Es gibt immer Phasen, in denen wir nicht meditieren wollen oder können; das kann die unterschiedlichsten Gründe haben, von beruflichem oder familiärem Stress bishin zum einfachen „Ich hab keinen Bock zurzeit“. Kommt dann wieder die Zeit, da man sich aufs Kissen setzen möchte oder kann, kommt die Quittung: Müdigkeit, Fahrigkeit, Benebeltheit, Unruhe, Rast- und Ruhelosigkeit, und damit einher gehend Ärger und Unzufriedenheit. Letzteres überwindet man in der weisen Betrachtung, 1. dass es nur Ärger ist, mehr nicht. Kein Grund ihn persönlich zu nehmen ;), 2. dass alles im Leben kommt und geht – auch Ärger und 3., dass Ärger im Rahmen der Anhaftungen entsteht, und darunter versteht man das Grübeln und Nachdenken darüber, warum die Dinge sind, wie sie sind – also hört man auf über den Ärger nachzudenken … und nimmt ihn liebevoll an, bis er von allein verschwindet.

Was aber bleibt ist die Rast- und Ruhelosigkeit oder die Müdigkeit und Schlappheit. An dieser Stelle kann ich nur dazu raten, diese Zustände als eine Art „zweites Meditationsobjekt“ zu wählen.

Du kannst versuchen, Deinen Atem als Mittelpunkt der Betrachtung zu wählen, aber nur, um Dich überhaupt ein wenig zu zentrieren. Beobachte vor allem mit freudvollem Interesse und in heiterem Gewahrsein, wie Deine Gedanken zunächst sehr weite Kreise ziehen, bevor es Dir zu Bewusstsein kommt und Du wieder zum Atem zurück gelangst. Und kaum dort angelangt, bist Du schon wieder weg. Das mag eine ganze Meditationssitzung über so gehen, aber: Es ist nicht schlimm! Das ist das Entscheidende. Mein Tipp: Auch wenn Du gewohnt bist, vielleicht eine Stunde in Meditation zu sitzen – an dieser Stelle ist es besser, vielleicht nur eine halbe Stunde zu sitzen, dann steh auf, koch Dir einen Kaffee, und nach 10 Minuten oder so setzt Du Dich ein weiteres Mal eine halbe Stunde. Dann machst Du wieder 10 Minuten Pause, und dann setzt Du Dich noch einmal eine halbe Stunde. In der Regel wirst Du in dieser dritten Sitzung feststellen, dass Deine Gedanken nicht mehr wie ein dichter Nebel sind, sondern immer häufiger konkrete Gedanken zu einem Thema auftauchen. Die tragen Dich dann zwar immer noch weg, aber es ist ein Fortschritt, denn es ist ein Zeichen dafür, dass Du langsam in die Ruhe kommst, da Dein Geist nun wieder klare Gedanken fassen kann. Und klare Gedanken kann man leichter loslassen, somit werden die „Schleifen, die Du fliegst“ immer kleiner, und Dir wird vor allem klar, was Dich zurzeit besonders beschäftigt! Das ist wichtig und ein Sinn von Meditation.

Wichtig ist auch … das Lächeln! Wenn Du auf dem Atem bist, dann lächle in Deine Atemzüge hinein. Gut, das ist ohnehin im Sinne des Buddha, wenn er sagt „Freude empfindend will ich einatmen, Freude empfindend will ich ausatmen“ (Satipatthana-Sutta); aber es ist sehr nützlich, in alles, was Dir zu Bewusstsein gelangt, hinein zu lächeln. Wenn Du feststellst, dass Du mit Deinen Gedanken meilenweit weg warst, dann lächle in diese Tatsache hinein. Sag Dir: „Hey, das ist ja interessant, wo mein Geist mich wieder hingebracht hat … und es ist auch völlig in Ordnung … interessantes Thema auch … aber nicht jetzt, denn jetzt ist Meditation … :D“ und dann lächelst Du liebevoll und kehrst zurück zu Deinem Atem.

Wenn ich hier dauernd vom Atem spreche und nicht von Metta – der Praxis, die ich ja eigentlich lehre, dann deshalb, weil wir uns hier noch nicht in der „eigentlichen“ Meditation, sondern in einer Phase befinden, die von manchen Lehrern als „Zugangskonzentration“ beschrieben wird. Aber ich mag den Begriff nicht, denn wir konzentrieren und fokussieren unseren Geist nicht, zwingen ihn nicht, sondern lassen ihn sich von selbst beruhigen! Aber er tut das in seinem eigenen Tempo, und das ist das Wichtige. Worum geht es denn? So schnell wie möglich in die tiefsten Sphären der Meditation zu gelangen? Oder vielleicht doch eher um einen liebevollen und sanften Umgang mit uns und unseren grauen Zellen? Sie arbeiten hart, also lass sie runterkommen – es ist etwa, als würdest Du einem Leistungssportler dabei zuschauen, wie er nach einem Langstreckenlauf noch einige Runden um den Platz ausläuft, bis er endgültig zur Ruhe kommt. Was auf den Körper anwendbar ist, ist immer auch auf den Geist anwendbar, es ist wichtig das zu sehen.

Also: Keine Meditation ist schlecht, und sei sie noch so schlecht 😀 Es kommt nur darauf an, was Du aus der Situation machst – je mehr Freiheit Du Deinem Geist lässt, sich ganz natürlich zu verhalten, desto eher gelangst Du in die Ruhe und dann in tiefe Meditationen, und zwar ohne Kopfschmerzen!

So, das war mal wieder was zum Thema Meditation. Ich hoffe, diejenigen von Euch, die Meditation praktizieren, können etwas damit anfangen.

Ich sende Euch METTA & SMILES

„Phra“ Michael